Dienstag, 16.12.2025

Krankenkassen zahlen nur noch Festbeträge für Rettungseinsätze: Patienten müssen Differenz tragen

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Seit dem 1. September 2025 übernehmen gesetzliche Krankenkassen in Teilen des Kreises Recklinghausen nur noch feste Pauschalbeträge für Einsätze des Rettungsdienstes. Kommunen sehen sich dadurch gezwungen, die Differenz zwischen den kommunal festgesetzten Satzungsgebühren und den Festbeträgen direkt bei den betroffenen Patientinnen und Patienten geltend zu machen.

Streit um anrechenbare Kosten und Fehlfahrten

Der Konflikt beruht auf unterschiedlichen rechtlichen Auffassungen. Städte berechnen ihre Gebühren nach dem Rettungsgesetz Nordrhein Westfalen. Dieses Gesetz sieht vor, dass die Satzungen auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten zu kalkulieren sind und dass dazu ausdrücklich auch sogenannte Fehlfahrten zählen können (§ 14 Absatz 5 RettG NRW). Die Kommunen argumentieren, dass damit auch Einsätze ohne abschließenden Transport zum Krankenhaus als Kostenfaktor anerkannt werden müssen, etwa wenn vor Ort aufwendige medizinische Maßnahmen oder Reanimationen durchgeführt werden.

Die Krankenkassen hingegen berufen sich auf das Sozialgesetzbuch V. Nach § 60 SGB V seien Fahrkosten nur bei einem Transport ins Krankenhaus zu übernehmen. Aus dieser Perspektive gelten Einsätze ohne Transport als nicht erstattungsfähig, auch wenn medizinisches Personal vor Ort intensive Leistungen erbracht hat.

Konkrete Belastungen und Abrechnungswege

Für den Zeitraum 1. September bis 31. Dezember 2025 nennt die Stadt Recklinghausen konkrete Eigenanteile, die Patientinnen und Patienten erwarten können. Demnach betragen die Gebühren für einen Einsatz mit Rettungswagen 213,30 Euro, für einen Krankentransportwagen 82,76 Euro und für einen Notarzteinsatz 204,56 Euro. Die Gebühren ab dem 1. Januar 2026 sind nach Angaben der Kommunen noch in Abstimmung.

Operativ ändert sich laut den Kommunen nichts am Ablauf eines Einsatzes. Auswirkungen hat die Entscheidung jedoch bei der nachgelagerten Abrechnung: Je nach Kommune erhalten Betroffene die Rechnung zunächst von ihrer Stadt und reichen diese bei der Krankenkasse zur Erstattung ein. Andere Kommunen schicken wie bisher Bescheide zunächst an die Krankenkasse und stellen Patientinnen und Patienten später nur die verbleibende Differenz in Rechnung. Den Gebührenbelegen soll künftig ein Informationsblatt beiliegen, das über Hintergründe und mögliche Erstattungswege informiert.

Kommunale Reaktionen und politischer Beschluss

Die Städte im Kreis Recklinghausen und mehrere Rettungsdienstträger in Nordrhein Westfalen bedauern, dass es nicht gelungen ist, eine einvernehmliche Lösung mit den Krankenkassen herbeizuführen. Sie betonen zugleich, dass sie gesetzlich verpflichtet seien, kostendeckende Satzungen zu erlassen, und dass die Differenzbeträge nicht aus den kommunalen Haushalten übernommen werden dürfen.

Der Rat der Stadt Recklinghausen hat am Montag, 15. Dezember 2025, mit großer Mehrheit eine geänderte Satzung zur Erhebung von Rettungsdienstgebühren beschlossen. Ebenfalls mehrheitlich wurde ein Antrag von SPD und CDU angenommen, wonach die Verwaltung prüfen soll, ob in Härtefällen eine Befreiung von den Gebühren möglich ist. Dazu soll der Begriff Härtefall definiert und dem Rat erneut vorgelegt werden. Die Ratsmehrheit forderte außerdem die Verwaltung auf, über die kommunalen Spitzenverbände darauf hinzuwirken, dass die bestehenden Lücken im Sozialgesetzbuch und im Rettungsgesetz NRW zeitnah geschlossen werden.

Die Umstellung auf teilweise Direktabrechnung führt nach Angaben der Verwaltungen zu einem erheblichen Mehraufwand. Beschwerden oder Nachfragen zu den Festbeträgen sollen direkt an die jeweiligen Krankenkassen gerichtet werden. Die rechtliche Auseinandersetzung über die Anerkennung der Kosten lasse sich nach Einschätzung der Beteiligten nur durch gesetzgeberische Änderungen oder gerichtliche Klärungen endgültig lösen.

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